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7. Jupiter. Wer ist denn der Schreier da unten, Merkur, in Attika, am Fuße des Hymettus? Ich meine den schmutzigen Kerl in dem Ziegenfelle, der dort tief gebückt den Boden behackt. Der freche Mensch schwatzt in Einem fort: er muß wohl ein Philosoph seyn, sonst ließe er nicht so gottlose Reden gegen uns laufen.

Merkur. Wie, Vater, kennst du den Timon nicht mehr, des Echekratides Sohn, aus Colyttus[1]? Das ist ja derselbe, der kürzlich noch so reich gewesen, uns so oft mit herrlichen Opfern und ganzen Hekatomben bewirthete; derselbe, bei dem wir die Diasien[2] so köstlich zu begehen pflegten.

Jupiter. Welche Veränderung! Das wäre jener reiche Ehrenmann, der immer von so vielen Freunden umgeben war? Was ist ihm denn begegnet, daß er nun so schmutzig und armselig, und, aus der schweren Hacke zu schließen, womit er die Erde baut, gar ein Taglöhner ist?

8. Merkur. Ich könnte sagen, seine Gutherzigkeit, seine Menschenliebe, sein Mitleid mit allen Dürftigen hat ihn aufgerieben. Um aber die Wahrheit zu sagen, so war es sein Unverstand, seine gutmüthige Einfalt, sein Mangel an Beurtheilung in der Wahl seiner Freunde; diese machten, daß er es nicht merkte, wie er seine Gefälligkeiten Raben und Wölfen erwies. Der arme Tropf glaubte, daß die Geyer, die ihm die Leber benagten, lauter traute Freunde aus ächtem Wohlwollen wären, während es ihnen doch blos um


  1. Einem Canton oder Demos von Attika.
  2. Das Fest des Jupiter Milichius (des Freundlichen), eines der größten athenischen Feste.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0064.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)