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es bei den Persern gebräuchlich ist, sondern man muß vor sie hintreten, sich niederlassen, und, indem man die Demuth und Erniedrigung der Seele in Mienen und Geberden ausdrückt, ihnen die Brust oder die Hand küssen, eine Gnade, die mit neidischen Augen von denen angesehen wird, die dazu nicht einmal gelangen können. Indessen steht der Mann da, und läßt eine gute Weile Aefferei mit sich treiben. Uebrigens lobe ich doch insofern diesen übermenschlichen Hochmuth, als wir dadurch von unreinen Lippen ferne gehalten werben.

22. Doch noch viel lächerlicher machen sich uns diejenigen, welche jenen nachlaufen, und ihnen den Hof machen. Diese Menschen stehen mitten in der Nacht auf[1], rennen in der ganzen Stadt herum, und lassen sich’s gefallen, wenn die Bedienten ihnen die Thüre vor der Nase zuschließen, und Schmarotzer! Hund! und dergleichen ihnen nachrufen. Und der Preis, den sie mit diesem mühseligen Herumlaufen erjagen, ist die lästige, an so vielen Uebeln fruchtbare Ehre, zu Gaste zu seyn. Was müssen sie nun da nicht Alles verschlingen, wie Vieles wider ihren Willen austrinken, wie viele Ungehörige schwatzen! Endlich gehen sie murrend und verdrüßlich von dannen, und schimpfen bald auf das Essen, bald beklagen sie sich über die Grobheit und Kargheit des Hausherrn. Die Nebengäßchen sind dann voll von Leuten, die sich des Zuvielgenossenen entledigen, oder sich um eine gemeine Metze balgen. Des folgenden Tages liegen die Meisten krank, und geben den Aerzten reichliche Gelegenheit, hin- und herzulaufen.


  1. Gewöhnlich empfiengen die Römischen Großen bereits vor Tagesanbruch die Aufwartungen ihrer Klienten.
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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0049.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)