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Sklaven aufgewachsen ist, ferner wer sein ganzes Wesen dem Dienste der Wollust hingegeben, ein Freund ausschweifender Tafelgenüsse, des Weines und der Liebe ist, und seine Freude an eiteln Gauckeleien und trugvollem Lügenwerke hat: wen endlich nur allerhand Geklimper und Triller und heillose Lieder ergötzen – für solche Leute ist diese Stadt[1] der rechte Aufenthalt.

16. Denn hier sind von ihren Lieblingsgegenständen alle Straßen, alle Märkte voll. Alle Zugänge werden hier der Wollust geöffnet, Augen, Ohren, Nase, Gaumen; einem nie versiegenden, trüben Flusse gleich strömt sie in das Innere, und erweitert den Zugang für alle Verdorbenheit: und so ziehen denn Leidenschaften aller Art, Geldsucht, Meineid und Ehebruch ein, und umfluthen von allen Seiten das Herz; Schaam, Tugendsinn und Rechtlichkeit aber werden hinausgeschwemmt. Am Ende bleibt ein wüster Schlammboden, wo in Menge die Pflanzen wilder Begierden wuchern. – Diese Vorstellung machte er mir von der Stadt und von den Herrlichkeiten, die man in ihr lernen könne.

17. Als ich daher, sprach er weiter, aus Griechenland zurück kam, und bereits wieder in der Nähe dieser Stadt war, hielt ich an, und forderte mit jenen Homerischen Worten[2] mir selbst über meine Hieherkunft Rechenschaft ab:

Warum doch, O Armer, das Licht der Sonne, verlassend
(Griechenland nämlich mit jenem glücklichen Leben der Freiheit),
Kamst du hieher, um zu schauen


  1. Rom. S. oben 2.
  2. Odyss. XI, 93 f.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0046.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)