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den Erfinder einer neuen Form zu gelten, von welcher mir Niemand ein älteres Vorbild nachweisen kann. Im Gegentheile, wofern dieselbe nicht auch zugleich geschmackvoll wäre, so würde ich mich ihrer schämen, und sie mit einem Fußtritte zerstören, denn die bloße Neuheit soll bei mir wenigstens das Häßliche nicht vor der Vernichtung sichern. Dächte ich nicht so, so verdiente ich, dünkt mich, von sechzehen Geiern ausgeweidet zu werden, als ein Mensch, der zu beschränkt ist, um einzusehen, daß das Häßliche, wenn es neu ist, nur um so häßlicher erscheint.

4. Ptolemäus, des Lagus Sohn, hatte einst zwei zuvor nie gesehene Dinge nach Aegypten gebracht, ein ganz schwarzes bactrianisches Cameel und einen zweifarbigen Menschen, dessen eine Seite pechschwarz, die andere glänzend weiß war. Nach vielen Schaustücken, die er seinen Aegyptern im Theater zum Besten gegeben hatte, ließ er endlich auch das Cameel und den halbweißen Menschen vorführen, Wunder glaubend, welches angenehme Erstaunen diese Erscheinung erregen würde. Allein so reich das Cameel mit Gold geschmückt war, so schön es mit Purpurdecken und einem mit Edelsteinen besetzten Zaume prangte, der vielleicht das Kleinod eines Darius, Cambyses oder gar Cyrus gewesen war, so wirkte es doch bei den Zuschauern einen so heftigen Schrecken, daß nicht viel fehlte, so wären alle aufgesprungen und davon gelaufen. Beim Anblicke jenes Menschen aber brachen die meisten in ein Gelächter aus, die übrigen entsetzten sich davor wie vor einem gräulichen Zeichen: so daß Ptolemäus, wie er sah, daß er mit dergleichen Seltenheiten keine Ehre bei den Aegyptern einlegte, welche Schönheit und Ebenmaß der Neuheit

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0032.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)