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wäre er weniger kaltblütiger Verstandesmensch gewesen, er hätte ihn nicht mit so glücklichen Waffen geführt. Wie er selbst in jener schönen Allegorie vom Ausstreuen der Samenkörner andeutet (S. Traum, 15), so hatte er sich zur Aufgabe seines Lebens gemacht, Wahrheit und ächte Lebensweisheit unter seinen Zeitgenossen zu verbreiten. Deklamationen, Strafpredigten und Ermahnungen hätten hier nichts verfangen: die ernste Absicht mußte unter dem Scheine des heitern, oft muthwilligen Scherzes verborgen, Thorheit und Laster mit der Geissel der Satyre gezüchtigt, dem Leser die bittere Arznei mit unterhaltender Ironie und Laune beigebracht werden. Dazu war unser Lucian durch seine Anlagen vor Allen berufen. Er besaß von Natur in hohem Grade die Gabe des Witzes und das Talent, von jeder Sache die lächerliche Seite aufzufinden und in’s Licht zu stellen, ein Talent, das sich durch den Umgang mit den besten Köpfen Athen’s nur um so glücklicher entwickelte und verfeinerte. Gesundes Urtheil, Geschmack, Reichthum an Ideen und Kenntnissen, eine seltene Leichtigkeit in Erfindung der mannichfaltigsten und jedesmal passendsten Formen, und, was das Genie charakterisirt, das glücklichste Gleichgewicht aller Geisteskräfte und die sicherste Harmonie in ihrer Zusammenwirkung

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly (Übersetzer): Lucian’s Werke. Erstes Bändchen. Stuttgart 1827, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0012.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)