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des holzsessels wird der thonetsessel antreten, den ich schon vor einundreißig jahren als den einzigen modernen sessel bezeichnet habe. Jeanneret (Le Corbusier) hat das auch eingesehen und in seinen bauten propagiert; allerdings leider ein falsches modell. Und dann die korbsessel. In Paris, in einem schneidersalon, habe ich rotlackierte korbsessel. Im speisezimmer meines letzten wohnhauses – es ist das in der starkfriedgasse, Wien,[H 1] und bildet einstweilen noch den schrecken harmloser wintersportler – thonetsessel.

Dir, du toter meister, sage ich meinen dank. Wir hatten beide glück, daß sich unsere lebenswege trafen. Ohne mich wärest du verhungert, ohne dich hätte ich keine sessel erhalten, oder nur zu einem preise, den ich meinen kundschaften nicht hätte zumuten können. Sie hätten das dreifache deiner erzeugnisse gekostet. Deine bedürfnislosigkeit, du toter meister, hat diese sessel ermöglicht.

Der sozial und nationalökonomisch denkende mensch versteht, weshalb der thonetsessel und der korbsessel die herrschaft antraten, während wir trauernd dem alten Veillich seinen hobel mit ins grab legten.

Anmerkungen (H)

  1. [463] es ist das haus [464] Moller gemeint (Kulka, abb. 225–233), das, leider wie so viele arbeiten von Loos nicht unverändert, noch besteht.
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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 442. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/444&oldid=- (Version vom 1.8.2018)