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II. Ob das ornament als ausdruck der unkultur aus dem leben überhaupt und besonders aus der schule entfernt werden soll?
Das ornament verschwindet von selbst und die schule soll sich in diesen natürlichen prozeß, den die menschheit seit ihrem bestehen durchzumachen hat, nicht einmischen.
III. Ob es fälle gibt, wo man das ornament braucht (zu praktischen, ästhetischen oder erzieherischen zwecken)?
Es gibt solche fälle. Als praktischer zweck ist das ornament eine frage des verbrauchers (konsumenten) sowohl wie des erzeugers (produzenten). Nur ist der konsument das primäre, der produzent das sekundäre.[1]
Psychologisch genommen wäre das ornament eigentlich dazu da, um dem arbeiter die eintönigkeit seiner arbeit
- ↑ Für das mißverständnis zwischen konsument und produzent mache ich die deutschen verantwortlich. Der deutsche weiß nichts von dem gemeinwillen der menschheit, der den produzenten zwingt, jene formen zu erzeugen, die von der gesamtheit verlangt werden. Er meint, daß der produzent ihm seine formen aufzwingt und spricht daher von der tyrannei der mode. Er fühlt sich, dank seiner sklavennatur, unterjocht und versucht daher, das, was ihm angetan wird, der welt zurückzuzahlen. Er gründet vereine zur schaffung einer deutschen mode – Wiener Werkstätte und Deutschen Werkbund hat er schon –, um auf diese weise der menschheit seinen formwillen aufzuzwingen. Am deutschen wesen soll die welt genesen. Sie soll, aber sie will nicht. Sie will sich die formung ihres lebens selbst schaffen und will sie nicht von irgendwelchen produzentenbünden aufgezwungen bekommen. Dasselbe produzentenjunkertum läßt die deutsche sozialdemokratie vergessen, daß der arbeiter auch als konsument in betracht kommt. Denn wichtiger als die höhe des wochenlohns selbst, ist es, zu untersuchen, was der arbeiter für seinen wochenlohn eintauschen kann.
Empfohlene Zitierweise:
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/396&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/396&oldid=- (Version vom 1.8.2018)