so daß für die welt alles in ordnung schien. Nur dein verhältnis zu den kindern mußten sie mißverstehen. Sie wußten nicht, daß es ein weibliches, mütterliches verhältnis war.
Weiblich war deine peinliche ordnungsliebe, die reinlichkeitsliebe für deine sachen. Deine wohnung ist rührend, und ich fordere Wien, die stadt Wien auf, diese wohnung im museum der stadt Wien unterzubringen. Diese kammer, in der P. A. gehaust hat, wird doch noch platz finden. Die tapete, die er ausgesucht hat, wird noch aufzutreiben sein. Und alles an die alte gehörige stelle, samt dem kleinen weihwasserbecken, dem rosenkranz und dem bilde der muttergottes aus Mariazell um zehn kreuzer, das dir das stubenmädchen mitgebracht hat.
Die stubenmädchen! Sie werden heute im grabenhotel alle weinen. Auch der hausdiener. P. A. war ein tyrann. Aber noch nie wurde ein tyrannischer herr so geliebt wie dieser, weil er der menschlichste unter allen tyrannen war.
Habe ich mit diesen paar zeilen dich den leuten verständlich gemacht? Ich glaube nicht. Und wenn auch! Keine stimme wäre stark und mächtig genug, den wienern begreiflich zu machen, daß seit dem begräbnistag Grillparzers kein größerer ihrer söhne zu grabe getragen wurde.
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/353&oldid=- (Version vom 1.8.2018)