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er auf das land gerufen wird? Die heimatkünstler sagen: wie ein bauer!

Betrachten wir den bauer bei seiner arbeit. Er steckt den boden ab, auf dem sich das haus erheben soll und gräbt die fundamente aus. Der maurer legt ziegel auf ziegel und unterdessen hat der zimmermann seine werkstätte daneben aufgeschlagen. Er macht das dach. Ein schönes oder häßliches dach? Er weiß es nicht. Das dach!

Und es kommt der tischler und nimmt maß für fenster und türen und es kommen alle handwerker, nehmen ihre maße und gehen in ihre werkstätten und arbeiten. Und wenn alles an seinen ort und seine stelle versetzt ist, nimmt der bauer einen pinsel und streicht sein haus schön weiß.

Der architekt aber kann so nicht arbeiten. Er arbeitet nach einem festen plan. Und wenn er die naivität des bauern kopieren wollte, so ginge er allen kultivierten menschen genau so auf die nerven, wie es die ischler dirndln oder die oberösterreichisch daherredenden börsianer tun.

Diese naivtuerei, dieses absichtliche zurückschrauben auf einen anderen kulturzustand ist würdelos und lächerlich und war daher den alten meistern fremd, die nie würdelos und lächerlich waren. Betrachtet doch die alten herrenhäuser und kirchen auf dem lande, die von stadtbaumeistern herrühren. Stets waren sie in eben dem stile gebaut, in dem der meister in der stadt baute. Denkt an die Weilburg in Baden, an die kirchen aus dem anfange des neunzehnten jahrhunderts in Niederösterreich. Wie herrlich fügen sie sich in die landschaft ein, während die

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/338&oldid=- (Version vom 1.8.2018)