da er nichts anderes lernte, so konnte er es. Das kann der handwerker nicht. Seine hand ist schwer geworden. Die risse der alten meister sind schwerfällig, jeder baugewerbeschüler kann das besser. Und erst der sogenannte flotte darsteller, der von jedem architektenbüro gesuchte und hoch bezahlte mann!
Die baukunst ist durch den architekten zur graphischen kunst herabgesunken. Nicht der erhält die meisten aufträge, der am besten bauen kann, sondern der, dessen arbeiten sich auf dem papier am besten ausnehmen. Und diese bei den sind antipoden.
Wenn man die künste in eine reihe stellt und mit der graphik beginnt, so finden wir, daß es von ihr übergänge zur malerei gibt. Von dieser kann man durch die farbige skulptur zur plastik, von der plastik zur architektur gelangen. Graphik und architektur sind anfang und ende einer reihe.
Der beste zeichner kann ein schlechter architekt, der beste architekt kann ein schlechter zeichner sein. Schon bei der berufswahl zum architekten wird das talent zur graphischen kunst verlangt. Unsere ganze neue architektur ist am reißbrett erfunden, und die so entstandenen zeichnungen werden plastisch dargestellt, ähnlich wie man im panoptikum gemälde stellt.
Den alten meistern aber war die zeichnung nur ein mittel, um sich dem ausführenden handwerker verständlich zu machen. Wie sich der dichter durch die schrift verständlich machen muß. Aber wir sind noch nicht so kulturlos, daß wir einen knaben mit kalligraphischer handschrift die dichterei erlernen ließen.
Nun ist dies wohl bekannt: ein jedes kunstwerk hat
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/309&oldid=- (Version vom 1.8.2018)