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willfährig gezeigt hatte, wurde verlassen, und die herren nahmen ein abonnement bei einem renommierten wiener schneider.

Wird man leugnen wollen, daß unsere lederwaren im stile unserer zeit sind?! Und unsere eßbestecke und gläser?! Und unsere badewannen und amerikanischen waschtische?! Und unsere werkzeuge und maschinen?! Und alles, alles – es sei wieder gesagt –, was den künstlern nicht in die hände gefallen ist!

Sind diese sachen schön? Ich frage nicht danach. Sie sind im geiste unserer zeit und daher richtig. Sie hätten niemals in eine andere zeit hineingepaßt und hätten auch nicht von anderen völkern verwendet werden können. Folglich sind sie im stile unserer zeit. Und wir in Österreich können uns in dem stolzen bewußtsein wiegen, daß diese dinge, außer in England, in keinem lande des erdballs in gleicher güte erzeugt werden.

Aber ich gehe weiter. Ich sage es frei heraus, daß ich meine glatte, leicht gebogene, exakt gearbeitete zigarettendose schön finde, daß sie mir ein inniges ästhetisches vergnügen bereitet, während ich die von einer dem werkbunde angehörigen werkstätte (entwurf professor soundso) gearbeitete scheußlich finde. Und wer einen stock mit silbernem griff aus solcher manufaktur trägt, ist für mich kein gentleman.

Die dinge, die in kultivierten ländern im stile unserer zeit – den der deutsche werkbund erst suchen will – gearbeitet werden, betragen rund gerechnet neunzig prozent. Zehn prozent – dazu gehört unsere tischlerarbeit – sind uns durch die künstler verlorengegangen. Gewiß, diese zehn prozent gilt es wieder zu gewinnen. Man muß nur selbst im stile unserer zeit fühlen und denken. Das

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/274&oldid=- (Version vom 1.8.2018)