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DIE ÜBERFLÜSSIGEN
(Deutscher werkbund)
(1908)

Nun haben sie sich doch zusammengefunden und haben in München getagt. Sie haben wieder unserer industrie und unseren handwerkern erzählt, wie wichtig sie sind. Um ihre existenz zu rechtfertigen, erzählten sie anfangs, es war vor zehn jahren, daß sie kunst in das handwerk bringen müßten. Das konnte der handwerker nämlich nicht. Dazu war er viel zu modern. Dem modernen menschen ist die kunst eine hohe göttin, und er empfindet es als ein attentat auf die kunst, wenn man sie für gebrauchsgegenstände prostituiert.

Aber das empfanden die konsumenten auch. Der angriff der kulturlosen auf unsere moderne kultur schien abgeschlagen zu sein. Die tintenfässer (felsenriff mit zwei nymphen), die leuchter (ein mädchen hält einen krug, darin steckt die kerze), die möbel (die nachtkästchen sind kleine trommeln, das büfett eine große trommel, um die ein eichenbaum in laubsägearbeit seine äste spannt) blieben unverkauft. Und wenn man sie kaufte, schämte man sich zwei jahre darauf dieses besitzes. Mit der kunst war es also nichts. Aber man war einmal da und mußte doch leben. Da verfiel man auf den ausweg, der kultur auf die beine helfen zu wollen.

Es scheint aber auch nicht zu gehen. Eine gemeinsame kultur – und es gibt nur eine solche – schafft gemeinsame formen. Und die formen der möbel von Van de Velde weichen ganz erheblich von den möbeln Josef Hoffmanns ab. Für welche kultur sollte sich nun der deutsche entscheiden? Für die kultur Hoffmanns oder für die Van

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/268&oldid=- (Version vom 1.8.2018)