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merkwürdig! – ich wäre in verlegenheit, wenn mir ein solches tier geschenkt würde. Ich wollte es in meiner wohnung nicht zur schau stellen. Gewiß, die besucher kommen und sagen: ah, Kopenhagen! Das macht einem freude. Wie es einem freude macht, wenn man eine zigarre anbietet und den ruf vernimmt: bock imperiales! Zwei kronen das stück! Denn auch diese freude ist teuer erkauft. Den ganzen tag muß ich mich von dem vieh anglotzen lassen. In seiner perfiden humoristischen weise. Dazu bin ich nicht immer zu haben. Dafür bin ich nicht immer gestimmt. Indifferente dinge will ich in meinem zimmer sehen. Korbfauteuils oder reproduktionen nach Klinger. Oder die witzigen erzeugnisse früherer jahrhunderte. Vieux saxe! Die greifen nicht mehr in mein leben. Die sind durch ein jahrhundert von mir geschieden.

Die altdeutschen sprüche an den wänden sind wir jetzt glücklich los. Aber wenn nun die „angewandten künstler“ kämen und sagten: schafft moderne sprüche!? Ich sage: nein, gar keine sprüche! Mit witzblättern werde ich mir nicht mein zimmer austapezieren. Dafür weiß ich mir einen anderen ort.

Kopenhagen macht auch blumenvasen. Blumenvasen ist nicht das richtige wort. Vasen ist vielleicht richtiger gesagt. Denn diese vasen wirken besser, wenn keine blumen darin sind. Blumen will ich im zimmer haben. Aber mit den raffinierten kunsterzeugnissen aus Kopenhagen können sie nicht konkurrieren. In bunzlauer geschirr kommen sie besser zur geltung. Das fühlt jeder. Und daher sieht man die kopenhagener vasen immer leer.

Ich glaube, die zeit wäre nun glücklich vorbei, wo sich das stürmen und drängen der menschen in gebrauchsgegenstände

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/258&oldid=- (Version vom 1.8.2018)