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Man täte also unrecht, wenn man dieses ZImmer als modern bezeichnete. Der moderne geist verlangt vor allem, daß der gebrauchsgegenstand praktisch sei. Für ihn bedeutet schönheit die höchste vollkommenheit. Und da das unpraktische niemals vollkommen ist, so kann es auch nicht schön sein. Sodann verlangt der moderne geist unbedingte wahrheit. Ich habe ja oben schon gesagt, daß die imitation, die pseudoeleganz, gott sei dank, endlich unmodern werden. Und drittens verlangt er individualität. Das heißt, daß sich im allgemeinen der könig wie ein könig, der bürger wie ein bürger und der bauer wie ein bauer einrichtet und daß im besonderen wieder jeder könig, jeder bürger und jeder bauer seine charaktereigenschaften in seiner wohnungseinrichtung zum ausdruck bringt. Die aufgabe moderner künstler ist es, den geschmack der menge, innerhalb seiner verschiedenen charakteristischen standesabstufungen, zu heben, indem sie die bedürfnisse der jeweils geistig vornehmsten erfüllen. Haben das unsere vier künstler getan? Entspricht ihr damenzimmer der vornehmheit der aristokratin? Nein. Der vornehmheit der fabrikantin auch nicht und schon gar nicht der vornehmheit der bürgersfrau.[H 1] Es entspricht der vornehmheit der kokotte.

Anmerkungen (H)

  1. [452] Der schluß ist im druck der „zeit“ abgeschwächt und lautet (nach „der vornehmheit der bürgerfrau“): „Es scheint vielmehr, daß sich in dieser billigen eleganz doch noch einmal der alte geschmack des parvenutums gezeigt hat. Hoffentlich zum letzten male.“
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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)