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ist ebensowenig ordinär, wie keine diamanten besitzen oder einen einfachen tuchkragen am winterrock tragen. Bloß die imitierten diamanten, pelzkragen und ledersitze, die sind es.

So bricht sich denn auch bei uns die erkenntnis bahn, daß man, zumal wenn das geld für das reiche und dekorative nicht ausreicht, das hauptgewicht auf das solide und praktische legen muß. Die gemalten intarsien, die aus sägespänen und leim gepreßten holzschnitzereien, die „verpfusche dein heim“-fenster und andere patente aus der rüstkammer der imitation, die türen und fenster, die so gestrichen sind, daß sie hartes holz vortäuschen, verschwinden langsam aus dem bürgerhause. Der bürgerstolz ist erwacht, das parvenüsystem kommt aus der mode.

Der clou dieser ausstellung ist ein interieur, eine kompagniearbeit eines wieners, des malers Heinrich Lefler, mit dem bildhauer Hans Rathausky und den architekten Franz Schönthaler jun. und Josef Urban. Im tagesgespräch heißt es kurzweg das Leflerzimmer. Diese kurze bezeichnung war unbedingt notwendig, denn die letzten wochen über war sie in aller munde. Umjubelt von den jungen, geschmäht von den alten, gilt dieses zimmer als erste regung der moderne in der angewandten kunst auf wiener boden.

Modern sieht es allerdings aus. Wenn man aber näher zusieht, ist es nur unser gutes, altes, deutsches renaissance-gschnaszimmer im modernen lichte. Nichts fehlt. Die holzvertäfelung mit den aufpatronierten holzintarsien, der altdeutsche dekorationsdivan (gott hab ihn selig!), dem immer die angenagelten blechernen löwenköpfe abgerissen wurden, die mit vieler mühe und not den persischen überwurf hielten, und dessen römer und altdeutsche

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/148&oldid=- (Version vom 1.8.2018)