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wirft ein solches nachgebildetes blatt gar schatten auf das wirkliche papier. Alles immer aus zweiter hand!

Der richtige buchdrucker will aber nicht druckarbeiten nachbilden, sondern selbst der schöpfer neuer werke werden. Wenn daher von buchdruckerarbeiten gesprochen wird, wird natürlich nur von diesen talentschöpfungen die rede sein. Verschwiegen darf aber nicht werden, daß es sogar typen gibt, die gezeichnete, lithographierte und geschriebene buchstaben nachahmen. Das gehört in das kapitel der imitation.

In neuerer zeit wurde den künstlern durch die große verbreitung des plakats eine neue aufgabe gestellt. Es galt, das schwierige problem zu lösen, wie buchstaben, richtige buchdruckerbuchstaben, mit abbildungen so vereinigt werden können, daß beides zusammen ein vollendetes kunstwerk ergibt.

Die arbeit war nicht leicht. Die vereinigung zweier verschiedener techniken aus dem gebiet der graphischen kunst ist unmöglich. Man denke sich den effekt aus, den etwa eine alpenlandschaft in der gewöhnlichen ölfarbenmanier hervorrufen würde, wenn man in den blauen äther oder in den grünen see mit der üblichen druckschrift die worte hineinsetzen würde: „Alpenkräutersekt ist der beste!“ Man braucht sich das gar nicht auszudenken, man kann es ohnedies häufig genug sehen.

Da galt es nun, sich in der bildlichen darstellung den buchstaben anzuschließen. Die lithographen hatten es leicht. Cheret, der lithograph, hatte sie gelehrt, lithographierte menschen zu zeichnen. Aber für die buchdrucker war nicht gesorgt. Der mann, der das neue, das niedagewesene schaffen sollte, konnte nur ein buchdrucker sein. Er durfte nur in druckerschwärze denken können,

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/133&oldid=- (Version vom 1.8.2018)