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mich auf ein bauwerk aufmerksam gemacht, dessen geputzte wand rot gefärbelt und mit weißen fugen versehen wurde. Auch die so beliebte küchendekoration, die steinquadern imitiert, gehört hierher. überhaupt dürfen alle materialien, die zur wandverkleidung dienen, also tapeten, wachstuch, stoffe und teppiche, nicht ziegel und steinquadern vorzustellen trachten. Man wird nun auch verstehen, warum die trikotbekleideten beine unserer tänzerinnen so unästhetisch wirken. Gewirkte wäsche darf in jeder farbe gefärbt werden, nur nicht fleischfarben.

Ein bekleidendes material kann seine natürliche farbe behalten, wenn das gedeckte material dieselbe farbe aufweist. So kann ich schwarzes eisen mit teer bestreichen, ich kann holz mit einem andern holz bedecken (fournieren, marquetieren und so weiter), ohne das bedeckende holz färben zu müssen; ich kann ein metall mit einem andern metall durch feuer oder galvanisch überziehen. Doch verbietet es das prinzip der bekleidung, durch einen farbstoff das darunter befindliche material nachzuahmen. Daher kann eisen wohl geteert, mit ölfarbe gestrichen oder galvanisch überzogen, nie aber mit bronzefarbe, also einer metallfarbe, verdeckt werden.

Hier verdienen auch die chamotte- und kunststeinplatten erwähnung, von denen die einen das terrazzopflaster (mosaik), die andern persische teppiche imitieren. Gewiß finden sich leute, die die platten dafür halten – die fabrikanten müssen ja ihr publikum kennen.

Doch nein, ihr imitatoren und surrogatarchitekten, ihr irrt euch! Die menschliche seele ist etwas zu hohes und erhabenes, als daß ihr sie durch eure mittel und mittelchen hinters licht führen könntet. Unseren armseligen

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/110&oldid=- (Version vom 1.8.2018)