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Der Vogel Wupp.

Es war am Vormittag des ersten Augustes, als wenn mir so wäre, als vermißte ich etwas.

Mir war so zu Mute, wie dem Müller, der des Hochwassers wegen seine Mühle liegen lassen muß, und der nun nicht einschlafen kann, weil er das gewohnte Rauschen und Klappern nicht mehr hört.

Ich fühlte, daß irgend ein Ton, ein Geräusch, ein Lärm in meiner Umgebung nicht mehr vorhanden war, konnte aber nicht dahinter kommen, um was es sich handelte. Die Wanduhr auf dem Vorplatze stand nicht still; die Straßenbahn polterte wie immer; die Autos hatten sich nicht vermindert; auf dem Neubau nebenan wurde weiter gezimmert; im gegenüberliegenden Hause quietschte auf der Veranda des Erdgeschosses der Säugling nach wie vor; im ersten Stocke wurde wie immer „das Gebet der Jungfrau“ gespielt; in der zweiten Etage rief der Amazonenpapagei unermüdlich sein „Mämä, Mämä, Päpä, Päpä“ und auf dem Dache knurrte die Wetterfahne unverdrossen fort.

Ich wollte weiter arbeiten, konnte es aber nicht. Ich las, aber bloß mit den Augen, verstand jedoch nichts davon. Ägerlich klappte ich die alte Chronik zu und wollte schreiben, aber auch damit wollte es nichts werden. Immer und immer mußte ich denken: „Was ist das bloß für ein Geräusch, das ich nicht höre?“ Verdrießlich steckte ich mir eine Zigarre an und sah dem Rauche nach, der sich aus der Luftklappe herausschlängelte, bis er da verschwand, wo die achtzehn Telephondrähte

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/70&oldid=- (Version vom 1.8.2018)