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Das geschah damals, als Rußland Japan zur Defensivoffensive zwang. Wenn am Biertisch die Männer den kleinen Jap bedauerten und eifrig die Depeschen lasen, dann dachte ich an den Stichling und den Barsch und daran, daß Verschlucken und Verdauen zwei Dinge sind, die nicht immer in einem festen Zusammenhange stehen.

Im Mai leistete sich der Stichling eine rote Weste. Ich dachte: es ist nicht gut, daß der Stichling allein sei, und verschaffte ihm passende Damenbekanntschaft. Sofort fing er an, ein Nest zu bauen und übernahm alle häuslichen Pflichten. Er hütete die Eier, entfernte faule, ließ das Wasser über ihnen sich bewegen, und als die Jungen erschienen, schützte er sie vor dem anderen Stichlingsherrn, den ich hineintat, und vor der eigenen Mutter, die plötzlich demeterähnliche Gelüste zeigte.

Was also die modernen Frauen verlangen, die Stichlinge haben es längst, die Verteilung der Mutterpflichten auf beide Teile des Ehepaares.

Später setzte ich einen Hecht in das Aquarium. Drei Tage später hatten die Stichlinge den Räuber um die Ecke gebracht. Genau so machten sie es mit einem gemütlichen Spiegelkarpfen, einem friedlichen Schlei, einer gutmütigen Karausche und einer harmlosen Ellritze. Einen schuppenlosen Aal und einen nackten Schlammpeitzger ließen sie in Ruhe.

Warum wohl? Diese schleimigen Fische kriechen auf dem Boden herum, sind den Stichlingen nicht standesgemäß. Tritt einen studierten Mann einer seinesgleichen auf die Zeh, dann kracht es; beschimpft ihn ein Prolet, so tut das seiner Ehre nichts.

Ich glaube, unsere Begriffe von Standesehre sind dem Stichlingsstaat entnommen.

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Es gibt Soziologen, die da behaupten, der Eigentumsbegriff sei von den Menschen erfunden. Irrtum! Setzen Sie

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)