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ihr ein Mensch über die Seite, dann trampelt der Nagelschuh eines Bauern auf ihr herum, dann die Gummisohle eines pürschenden Jägers. Bald setzt sich ihr eine Wasserjungfer auf die Nase und kitzelt sie mit den ekligen dünnen Beinen, bald macht ein Trauermantel dasselbe. Ein Junge kommt, nimmt sie und schmeißt nach einem Vogel mit ihr. Der Schäfer wirft sie mit der Schüppe seines Stabes nach einem Schnuckenbock, der in die Lupinen will. Dann kommt eine alberne Heuschrecke, sitzt auf ihr eine Stunde herum und fiedelt in einer Tour dieselbe stumpfsinnige Weise. Das macht einen schließlich ganz nervös! Dann haut ein Bauer Plaggen und schmeißt sie auf den Wagen. Sie kommt mit der Streu in den Kuhstall. Auch kein Vergnügen, mein Freund! Dann gerät sie mit dem Dünger auf die Landstraße und fällt vom Wagen. Jeder Mensch, der vorbeikommt, tritt auf sie. Auch die Kühe. Ein Leutnant reitet mit seinem Burschen vorbei. Natürlich kriegt sie ein Eisen auf den Kopf. Und noch nicht einmal das des Leutnants. Ja, ja, mein Lieber, wenn man nicht mehr jung und hübsch ist!

Er tröstet sie. Für ihn sei sie immer noch jung und hübsch. Auch ihm sei es ja schlecht gegangen. Aber das sei alles Nebensache, nun er sie wieder habe.

Dieser Tage fand ich einen dritten Seeigel, einen sehr schäbigen. Ich legte ihn auch auf den Tisch. Am anderen Morgen fand ich, daß der brünette Seeigel an ihn herangerückt war. Als ich die folgende Mitternacht aufwachte, hörte ich ein leises Klappen. Ich machte Licht und sah, daß der brünette und der neue Seeigel sich geküßt hatten. Der Blonde lag abseits und hatte Kummerfalten um die Nase. Ich paßte die nächste Nacht auf und hörte, wie der neue Ankömmling der Dame versicherte, sein Vater habe ihn zu der Heirat gezwungen, sein Herz hatte immer ihr gehört. Da sagte sie, das habe sie auch immer geglaubt, und sie sei glücklich über seine Worte. Da hörte ich ein leises Knistern, dann ein Klappen, ein Poltern

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)