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Einige tausend Jahre ruhten die drei im Schlamm, der sie mit festen Krusten umgab. Da paßte eines schönen Tages die Frau des Erdriesen, der tief unter dem Berge wohnte, nicht auf und ließ das Essen überkochen. Der kochende Brei floß über Berg und Tal, lief in alle Ritzen und sickerte in alle Spalten. Auch in die Grüfte der drei Seeigel floß er und füllte sie aus.

Als der Erdriese nach Hause kam und seinen Walfisch in Gelee nicht fand, wurde er grob. Er nannte seine Frau ein dötsches Dier und ein Dussel und trat den ganzen Berg in den Klumpen. Da plumpste der in das Eismeer, und das lief ein bißchen über, bis nach Deutschland hinein, und schwemmte eine Hand voll Sand, Steine, Lehm und Schutt mit und setzte das Alles in der Lüneburger Heide ab. Die drei versteinerten Seeigel wurden mit fortgeschwemmt. Sie machten allerlei unterwegs durch und später auch noch manches.

Nachts um zwölf Uhr, wenn das Käuzchen auf dem Dache ruft und mein Hund den Mond anheult, regt sich das alte Leben in den Steinen. Dann knistern sie sich ihre Geschichte zu, ich höre ein leises Aneinanderklappen der beiden Schnäuzchen und vernehme, wie sie sich ihre Leiden erzählen.

Er redet immer von seiner Liebe und seiner Sehnsucht und wie glücklich er sei, jetzt bei ihr sein zu können. Es wäre ja schöner, hätte er noch seine Stacheln und könnte sie zärtlich umkrabbeln, aber er sei auch so zufrieden.

Sie hat andere Leiden. Erst haben sie die Haidschnucken getreten, dann hat eine Krähe an ihr herumgehackt, dann habe sie ein Hase weggekratzt, schließlich habe eine dicke Ricke drei Stunden auf ihr gesessen. Unverschämtheit! Ein anderes Mal sei ein Mistkäfer gekommen und habe an ihr herumgeschnüffelt. Solche Frechheit! Von Ruhe keine Spur. Eben scharrt eine Birkhenne sie hierhin, dann stößt ein Keiler sie dahin, dann schleudert ein Hirsch mit seinen Schalen sie wieder ein Ende weiter. Zu rücksichtslos! Ein anderes Mal radelt

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/110&oldid=- (Version vom 1.8.2018)