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In Verzweiflung und Wuth des Schmerzes warf sie sich über den kalten Leichnam her, und wusch ihn mit ihren Thränen. Dann fuhr sie noch wüthender auf und erwürgte funfzig Stück von den kostbaren Jungfrauen, die sie begleitet hatten, so leicht als wären es junge Rebhüner gewesen. Sie waren das Todtenopfer für den Geliebten. Dann rief sie zwölf Feen, mit welchen sie ein Grabmal bauete, wohin sie den Leichnam legten.

Unser Prinz aber mit seinem Demantschwerdt war, während ihn die Fee beisetzte, frisch und munter wie ein Eichkätzchen, und muthig wie ein Löwe, und suchte sein Schönchen. Es rückten Greife, Drachen und ungeheure Fledermäuse gegen ihn an; es kamen ihrer sechs in greulicher Gestalt auf Krokodilen daher gejagt und schoßen lauter Spieße aus den Rachen auf ihn; es traten Riesen mit Schuppenpanzern und Stahlkeulen auf, aber mit seinem Degen hatte er leichte Arbeit; er schwang ihn nur, so lief der größeste Theil der Ungethüme davon, einige aber, die Stand halten wollten, wurden mitten entzwei gehauen.

Als er glaubte, alle Abentheuer wären bestanden, kamen zwei Dutzend junge Mädchen, allesammt schöner als die Morgensterne, und wollten ihn mit Blumenketten aufhalten, die sie ihm über den Weg zogen. „Halt, schöner König, sagten sie; die Wache für diese Gegend ist uns übertragen, und wo wir unsere Schuldigkeit versäumten, wär es unser Unglück und deines. Auch wirst du ja gegen uns schwache Mädchen kein Held sein wollen.“

Der König wußte fürwahr nicht, was er thun sollte, denn die armen Dinger schienen ihm so unschuldig und so hübsch, aber heimlich rief es ihm in die Ohren: „Haue zu, sonst ist es dein Unglück.“ Da hieb er tapfer die Blumenketten, die oftmals stärker als Eisenketten feßeln, entzwei, die Mädchen flohen und in zwei Augenblicken