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Als die Zeit kam, wo der Prinz den Vater wieder zu besuchen pflegte, ging die Zauberin zum Felsen und legte sich an diejenige Stelle deßelben, wo der Prinz verschwunden war.

Der Prinz kam am frühen Morgen zum Felsen heraus und fand das arglistige Weib winselnd und ächzend dort liegen und sich kläglich an dem Boden krümmen und winden. Er war mitleidig und fragte, was ihr fehle? Sie aber sahe ihn kläglich mit halbgebrochenen Augen an und sagte mit matter Stimme: „Fieber! Fieber! – Kann nicht weiter! – – Kein Mensch hier!“

Der Prinz ließ sie von seinen Leuten durch den Felsen zu dem Palast seiner Gemahlin bringen, und sie derselben empfehlen. Er selbst ritt, ohne abzusteigen, weiter.

„Saget dem Prinzen, sprach Paribanu zu den Leuten, die ihrem Herrn nun nachritten, nachdem sie das Weib überbracht hatten, saget ihm, daß wir uns schlechten Dank verdienen werden.“

Sie ließ die Kranke in ein prächtiges Zimmer führen und zur Ruhe bringen. Dann ging eine von den Dienerinnen hin und kam mit einer Schale voll Waßer zurück. „Trinkt das, gute Frau, sagte sie; es ist Lebenswaßer aus dem Löwenbrunnen, welches vor Ablauf einer Stunde Euer Fieber unfehlbar hebt.“

Mit vielen Grimaßen und scheinbaren Widerwillen trank das Weib und legte sich dann, sorgfältig zugedeckt, hin, gleichsam die Ausdünstung abzuwarten.

Die Zauberin wäre gern wieder aus dem Bette gewesen, aber des Scheins wegen mußte sie die Stunde abwarten, bis zu deren Ablauf man sie allein gelaßen hatte. Sie saß schon völlig wieder angekleidet, als die Dienerinnen zurückkamen und rief ihnen entgegen: „O, wie vielen Dank bin ich Eurer Gebieterin schuldig! Wie erquickt bin ich! Das ist ein wahrhaftiger Wundertrank!“