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baue mir ein neues Vogelhaus, und weihe es mit Seegenssprüchen zur Seele. Dann kann ich zurück.“

Schnell wie der Wind verschwand er bei diesen Worten. Die Frau aber eilte nach Hause, machte ein Vogelhaus und weihete es ein.

Da erschien der Vogelmann auf dem Dache des Hauses und ging in sein Vogelhaus. Aber da erhielt er seine Gestalt, die er reitend auf dem Schimmel gehabt hatte, und sagte: „Nun bleib ich immer bei dir, wie ich jetzt bin; denn du hast mir durch deine treue Liebe die Seele wiedergegeben, denn treue Liebe ist die Seele des Lebens, und darum bist du meine Seele von jetzt an.


(5)

Ein Chans Sohn verliebte sich in ein Mädchen voll Schönheit und Tugend und Geist, das zwei Meilen weit von ihm wohnte, und sagte: „Du bist meine Gemahlin!“ Das hielt er aber noch heimlich, denn das Mädchen war nur die Tochter eines gemeinen Hausvaters.

Der Chanssohn starb, ohne daß das Mädchen davon erfuhr. In einer Nacht, da eben der Mond war aufgegangen, hörte es an der Thüre klopfen und der Chanssohn trat herein. Da ging es ihm freudig entgegen und bewirthete ihn mit Arack und Kuchen.

„Gemahlin, sprach des Chans Sohn, komm mit mir.“ Sie folgte ihm und Beide gelangten zur chanischen Wohnung, aus welcher ein Schall von Klangbecken und Pauken hervordrang.

„Chan, was ist das? fragte die Gemahlin. Weißest du das nicht? antwortete dieser; es wird mein Leichendienst gehalten.“

„Dein Leichendienst? sagte sie betroffen; was ist denn dem Sohne des Chans widerfahren?“ – „Er ist verschieden, war die Antwort, und wird dich in jeder Vollmondsnacht besuchen.“