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ihr freuen, denn das Herz sucht im Glück eben sowohl Theilnahme, als im Unglück. Darum ging sie zu dem Brunnen und warf zuerst kleine Steine hinein, und zuletzt den Bisamapfel, aber es erschien keine Gestalt und den oben aufschwimmenden Bisamapfel mußte sie selbst wieder herausfischen.

Mathilde wurde auf diesem Gute von einem schönen Knaben entbunden. O, wie seelig war sie da, und ihr Gemahl mit ihr. Sie ließ das Kind nicht aus ihren Armen; obwohl eine verständige Amme gemiethet war, die des Kindes sorgfältig hüten sollte.

Es gab Freudenfeste im Schloße, die drei Tage gedauert hatten. Als aber in der dritten Nacht Alles, ermüdet von dem Rausche der Freuden, im tiefen Schlaf lag, wandelte auch Mathilden der Schlummer an, und als sie erwachte, war der Knabe aus ihren Armen.

„Amme, wo ist mein Kind?“ rief sie voll Entsetzen. Die Amme erwachte, rieb sich die Augen und sagte noch schlaftrunken, das junge Herrlein habt Ihr ja in Euren Armen!“

Da war es nicht! ach es war nirgends und nur ein Paar kleine Blutstropfen wurden auf dem Fußboden bemerkt.

Da schrie die Amme: „Ach, daß sich Gott erbarme! So hat der Währwolf das liebe Kind geholt und davon getragen. – Die Aeltern waren trostlos, die Amme war es mit ihnen. Mathilde behielt ihren Gram im Herzen, obwohl sie sich, aus Liebe zu dem Gemahl, zwang heiter zu scheinen.

Es kam ein zweiter Knabe, schön und lieblich wie der erste, und der Graf feierte wieder drei Freudentage, wo selbst die Thürhüter von den edelsten Weinen trunken wurden, und in der dritten Nacht ging es wieder, wie das erstemal, obwohl die sorgsame Mutter den Knaben in ihrem Bette behalten, mit ihrer goldenen Halskette den