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durch solche Tugenden, am meisten aber durch Mathildens Sanftmuth und nachgiebiges Dulden überwunden.

Gegen den Winter kam Graf Konrad mit einem Heer von Dienern; aber was kümmerte das Mathilden, die in ihrer Küche genug zu thun hatte. Die Arbeit läßt ja fremde und unnütze Gedanken so leicht nicht aufkommen. – Und wer im Hause fragte denn nach dem Zigeunermädchen?

Aber das Zigeunermädchen sahe den Grafen Konrad, der ein wunderschöner Mann war, hoch und kräftig gewachsen, und den ganz Augsburg seines Reichthums und seiner Schönheit wegen ohne Ausnahme preisete und ehrte. Sie sahe ihn mit Wohlgefallen, sie sahe ihn so gern, und wußte nicht warum? Er aber sahe nicht nach ihr hin, und das that ihr weh; aber sie wußte nicht warum? Sie dachte an ihn und versah darüber in ihrem Küchenwesen da und dort eine Kleinigkeit, so daß der Drache fast fauchen wollte.

In der reichen Handelsstadt ging der Winter in allerlei Lust und Vergnügung dahin. Bälle, Tänze, Spiele und Gesang, Turniren, Stechen und Ringelrennen wechselten miteinander ab, und Graf Konrad war bei Allem mit; aber Mathilde war in ihrer Küche traurig und betrübt.

Da ward dem Kaiser ein Prinz geboren, und die Stadt Augsburg stellte ein dreitägiges Freuden- und Ehrenfest auf dem großen Rathssaale an, zu welchem alle Grafen und Herrn aus der Nachbarschaft und alle schönen Jungfrauen geladen waren. Des Tages war Ritterspiel mit Stechen um hohen Preis, und des Abends war Tanz, der bis zum Morgen währte.

Mathilde war ein Mädchen; wie hätte sie dem Verlangen widerstehn können, an all dieser Pracht mit Theil zu nehmen, alle