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zu entfernen. Dann fiel das Steinchen, und die holde Pathe war gleich bei dem Kinde und lehrte es Mancherlei.

Schön blühte Mathilde zu einer Jungfrau herauf, aber sie blühete einsam. Nie wurde sie zu den Banketen im Hause gezogen, und war auch dazu nicht gekleidet. Der Tag verging unter Arbeit, und der Abend mit der Freundin und Lehrerin am Brunnen.

Eines Abends war die Pathe recht traurig und wehmüthig und im Mitgefühl weinte auch Mathilde. „Du weinst? sagte die Pathe; ach, du armes Kind, weißt nicht warum? Es ist die Vorahnung deines Schicksals, die dich weinen macht. Wiße, es steht nahe bevor! Die Burg wird wüste stehen, ehe die Herbstfrucht reift. Wenn eines Abends die Dirnen mit leeren Eimern von meinem Brunnen zurückkehren, dann ist das Unglück nahe. Nimm deinen Bisamapfel wohl in acht, der dir drei Wünsche gewähren soll und laß ihn nie von dir. Sei in den drei Wünschen vorsichtig und klug!“

Die Pathe lehrte sie noch einige geheime Eigenschaften des Apfels, und sie schieden unter Schluchzen und Weinen.

Ehe die Waitzenernte vollbracht war, kamen eines Abends die Dirnen bleich und erschrocken vom Felsenbrunnen mit leeren Krügen und Eimern wieder und sagten aus: die weiße Frau sitze wehklagend und händeringend am Brunnen und das bedeute nichts Gutes. Nun gingen die Knechte hinaus und fanden, daß es wahr sei. Weil ihrer viel waren, faßten sie sich ein Herz und gingen auf die Gestalt zu; als sie aber hinkamen, war dieselbe verschwunden und der Felsenbrunnen war leer. Im Schloße ward Alles bestürzt und ängstete sich über die Deutung. Mathilde