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Da sie nun meistens schon da waren, berief die Mutter des Kindes eine vertraute Dienerin, gab ihr den Kiesel und sagte: „Wirf diesen Kiesel stillschweigend in den Nixenbrunnen. Vielleicht daß es meinem Kinde ein Glück bringt.“

Die treue Magd that, wie ihr befohlen war, und ehe sie noch wiederkehrte, trat eine hohe, aber unbekannte Frau ins Gemach, wo die Pathen allesammt versammelt waren, neigte sich hoch und dehmüthig gegen Herren und Frauen und sagte kein Wort, und Niemand hatte das Herz sie zu befragen: Wer? oder von Wannen?

Der Täufer kam; die Pathen stellten sich, und die Unbekannte stellte sich oben an, nahm das Kind und hielt es zur Taufe zuerst.

Sie war so schön; sie war so züchtig und sittig; ihr Kleid war waßerblaue Seide, und Perlen, wie sie fast Keiner gesehen, schmückten nebst den kostbarsten Steinen ihr Gewand, und der Zipfel ihres Schleiers war naß, als wäre er so eben erst aus Waßer gezogen. Die Mitgevattern erstaunten, sannen, riethen, wer die Fremde sein möchte? und achteten nicht auf die Worte des Täufers, der das Kind Mathilde nannte.

Die Taufhandlung war vorbei und die Pathen traten glückwünschend ans Bette der Wöchnerin, und begabten den Täufling mit reichen Geschenken, aber die Fremde zog einen sorgfältig eingewickelten hölzernen Bisamapfel[1] hervor, legte ihn auf die


  1. Statt der Riechfläschchen hatte man, selbst noch vor sechzig Jahren kleine hölzerne Büchsen, in welchen sich eine silberne Büchse befand, innerhalb welcher man starkriechende Sachen gegen Anwandlungen von Ohnmachten bewahrte, die meistentheils wohl von dem Moschus- oder Bisamthiere oder von der Zibethkatze genommen waren.