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auf die befohlne Weise in Ordnung lagen. Der Abend kam, die Federn, sagte die böse Stiefmutter, lägen da und dort nicht ganz recht, die Prinzeßin bekam ihre Ohrfeigen und mußte wieder in den Kerker.

Die Zauberin und die Grunzau verzweifelten Etwas auszusinnen, was Ursach gäbe die Prinzessin bis aufs Blut geißeln zu laßen. Die Zauberin aber nahm ihre ganze Kunst zusammen und ersann Etwas. Die Bosheit ist ja immer sinnreich, wo es auf Unheil ankommt. Sie brachte eine große Schachtel. „Laßet, sagte sie, laßet die Prinzeßin diese Schachtel auf Euer Schloß tragen, verbietet ihr aber dieselbe aufzumachen, das wird sie nicht laßen können, weil sie ein Mädchen ist; verbietet es ihr aber recht sehr, so wird sie es um so weniger laßen.“

Viola mußte in ihren erbärmlichen Kleidern die Schachtel aufs Schloß der Herzogin tragen. Wer sie auf dem Wege gehen sahe, sagte: „das muß ein verkleideter Engel sein!“ Die Leute hatten wohl recht. Schönheit und Unschuld beisammen, bilden immer ein Engelgesicht.

Viola sah nicht in die Schachtel, aber sie wollte dieselbe auf einer Waldwiese, mitten im Walde, einige Augenblicke hinsetzen und ausruhen, denn die Schachtel war sehr schwer. Als sie aber dieselbe niedersetzte, versahe sie es ein wenig und der Deckel sprang auf. Im Augenblick kam eine ganze Armee kleiner Leute aus der Schachtel, nicht größer als ein Fingerglied lang ist. Es kamen kleine Männer, kleine Frauen, kleine Musikanten mit Geigen und Flöten, kleine Köche und Köchinnen, kleine Stühle, Tische und Bänke kamen und mancherlei anderes Ding. Alles ganz klein, hübsch und poßirlich. Einer unter den kleinen Leutchen war ein Riese, denn er war fast eines Fingers lang und