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Thiere; und: „Viola ist die Schönste auf Erden!“ klang ihr wie ein unaufhörlicher Donner in den Ohren, und sie mußte ja nun dieser Nebenbuhlerin ihrer Schönheit los werden, auf welche Art es auch wäre.

In tiefer Mitternacht ließ sie Viola aus ihrem Bette reißen, in eine Kutsche werfen und sie mitten in einen weit, weit entlegenen Wald aussetzen, der voll reißender Thiere war.

Viola wußte nicht, in welcher Wildniß sie sich befand. Weg und Pfade waren hier nicht. Das Heulen der wilden Thiere klang fürchterlich in ihre Ohren, und wenn sie von diesen nicht zerrißen wurde, so mußte sie doch ein Raub des Hungers werden. – „O Holdherz! rief sie in ihrem Jammer, wüßtest du doch mein Elend, du kämst deiner unglücklichen Viola zu Hülfe!“

In dem Augenblick, als sie es sprach, war der Wald erleuchtet und an jedem Baum hing eine brennende Lampe. Sie stand am Eingang einer Allee, an deren Ende ihr ein herrlicher Palast entgegen glänzte. Ein leichter Wagen, mit Hirschen bespannt kam geflogen und Holdherz saß in dem Wagen und bat Viola einzusteigen. Er fuhr sie durch viele Gegenden des Waldes. Sie sahe tanzende Schäfer und Schäferinnen, sie sahe überall fröhliches Völklein bei Singen und Trinken vergnügt und spielende Kinder darunter, und Alles im Walde war Leben und Lust.

„O! sagte sie; wie ists hier so schön! Ich dachte in eine grausige Wildniß gekommen zu sein, und fürchtete mich sehr.“

„Es war eine Wildniß, sagte Holdherz, ehe du kamst, theure Viola; aber meine Mutter, die dich eben so lange liebt als ich, hat Alles durch ihre Macht verwandelt, damit dir dein Aufenthalt hier gefiele. Jetzt laß uns zu ihr.“