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der Amme, der Bruder mit seiner Gemahlin und die sechs Thiere fuhren auch mit.

Als sie nun ankamen, da gab es glückliche Tage, die keine Zunge aussprechen kann. Der alte König, der so lange aus Herzeleid geweint hatte, weinte nunmehr aus Freude und sagte: „Nun kann ich doch glücklich sterben!“




25. Viole und Holdherz.

Ein König und eine Königin hatten eine einzige Tochter, und waren sehr glücklich in ihrem Besitz, denn es war ein sanftes, sittsames und frommes Kind, und die Aeltern freuten sich, wenn sie daßelbe nur ansahen, und den Leuten am Hofe war es fast eben so, wiewohl dergleichen an Höfen sehr selten sein soll. Sie hieß aber Viola.

Viola bekam von der Mutter, welche vor Freuden oft nicht wußte, was sie Alles dem geliebten Mädchen schenken sollte, die prächtigsten Kleider und die kostbarsten Juweelen und Steine in großer Menge; aber Viola schmückte sich nur an hohen Festen damit, und kleidete sich an den andern Tagen schlicht und einfach, welches der Mutter auch wieder recht wohl gefiel, indem ja ihr schönster Schmuck immer ihr blieb: das war nämlich ihr sanftes Herz, ihre stille Tugend.

Am Königshofe lebte zur selben Zeit ein häßliches altes Wesen, Grunzau genannt, häßlich am Körper, wofür sie nichts konnte, häßlicher noch am Gemüth. Sie war nach der Königin die Vornehmste