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schon die Verlobte des Fürsten Ratibor sei, so hätte er wohl weniger gehofft. Emmy und Ratibor liebten sich herzlich, und seitdem die Braut verschwunden war, floh der Bräutigam die Menschen und irrte im Sturm und Unwetter in finstern Wäldern umher.

Im wiedergekehrtem Frühlinge waren die getriebenen Rüben zur Reife gekommen, und Emmy bildete sich wieder freundliche bekannte Gestalten daraus. Aber schlau, wie sie, als ein Mädchen, war, machte sie damit auch Versuche zu ihrer Befreiung und glaubte, daß auch ein großer Geist wohl noch überlistet werden könnte.

Sie machte eine ganz kleine Rübe zur Biene, und lehrte sie da und dahin zu fliegen, zu Ratibor dem Fürsten, und ihm ins Ohr zu summen, „deine Emmy lebt noch; der Geist vom Berge hat sie!“

Das Bienchen horchte genau auf, und flog von dem Finger der Lehrerin fort, aber noch vor den Augen derselben wurde es von einer Schwalbe weggeschnappt.

Mehrere andere Versuche verunglückten auch; aber als sie eine plauderhafte Elster sandte, so glückte es. Die Elster sagte den eingelernten Spruch, und beschied den Verlobten auf einen gewißen Tag, auf die und die Stelle, am Fuße des Gebirges.

Emmy, nachdem sie wußte, daß Ratibor unterrichtet sei, wurde gegen den Berggeist immer freundlicher, wie sie vorher nie gewesen war, und da er so sehr bat, ihn mit ihrer Hand und Gunst zu beglücken, willigte sie ein und setzte einen Tag fest, an welchem sie ihn zum Gemahl nehmen wolle, hätte er zuvor erst eine Probe von seiner Beständigkeit abgelegt, die sehr leicht sei.

Das war der überfrohe Berggeist zufrieden und willig. Am festgesetzten Tage, morgens sehr früh, erschien Emmy in ihrem schönsten und reichsten Putz, mit ihren holdesten Gebehrden und sagte zum Geiste, welcher vor Freuden schon zitterte: