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„Fürchten? antwortete das holde Kind; gar nicht! Ist doch der liebe Gott bei mir und seine heiligen Engel sind auch da. Und ich habe ja auch nichts, was mir Einer nehmen könnte. Ich habe nur diese Kleidchen von Leinwand, und einen Nelkenstock und einen Silberring, die sind aber zu Hause, und den Nelkenstock, der so gar schön riecht, den wollt ich begießen und mir Waßer dazu aus dem Brunnen holen.“

„Hast Du denn schon Abendbrod geßen?“ fragte die Königin. Ach nein, noch nicht, antwortete Glückskind. Es war nicht viel da – nur zwei Eier und ein Stück Brodt, das hat der Bruder gegeßen.“

Da mußte sich Glückskind an der Königin Tisch setzen, und wurde ihm das beste aufgetragen, und mußte es eßen. Es aß aber nur ein wenig, denn es war so blöde.

„Worin denn, fragte die Königin nun, wolltest Du das Waßer schöpfen, die Nelken zu tränken? Du hast ja keinen Krug mit Dir?“

„O doch! sagte das Mädchen; ich hab ihn hier unten auf die Erde heimlich hingesetzt.“ Da griff es darnach und wollt ihn der Königin zeigen. Da war wohl ein Krug da, aber der war von Gold und so schwer, daß er sich kaum ließ erheben, und war besetzt mit funkelnden Edelsteinen.

„So einen schönen Krug hast du?“ fragte die Königin: „Ach nein! antwortete das Mädchen betrübt, der ist nicht mein; meiner war nur ein irdener Krug, und der ist nun fort und ich habe keinen andern. O! meine armen Nelken; sie dürsteten so sehr.

„Nun, sagte die Königin, so nimm diesen da, und sei nur getrost. Schöpfe Du nun!“ Aber als das Mädchen schöpfen wollte, war der Krug schon voll von Waßer, welches köstlich und erquickend roch.