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und damit verschwand. Einen Augenblick darauf stand ein Jüngling vor ihr, in Götter Schönheit; sein Diadem von Diamanten funkelte wie ein Gürtel von Sternen um seine Stirne, und sein Ansehn war blendend, als wär er aus einem höheren Reiche der Wesen gekommen; in der Hand hatte er das Bildniß der Dame, die wir schon kennen. „Prinzeßin, sagte er, ich danke dir viel, und bin glücklich. Werde auch glücklich!“

Bei diesen Worten berührte er sie mit dem Bildniß der Dame, und sie entschlummerte in Ohnmacht. Als sie erwachte, glaubte sie zu träumen, denn sie fand sich am Ufer eines Baches, und wußte nicht, wie sie dahin gekommen war. Es weiß ja freilich so Mancher nicht, wie er dahin oder dorthin gekommen ist, und denkt denn doch, es müße so sein. Aber als sie sich im Bache bespiegelte, und sich nun so ganz dem Bilde der Schäferin auf den Glasscheiben ähnlich fand, da wußte sie nicht, ob sie es selbst noch wäre, oder ob ein seltsamer Wahnsinn sie überfallen habe? – Sie war eine Schäferin, und doch war sie eigentlich eine Prinzeßin, wie sie gar wohl sich erinnerte. Sie trug, wie die Schäferin im Bilde, einen weißen Anzug vom feinsten Mußelin, mit Brabanter Kanten, die schon zweitausend Jahr vor ihrer Erfindung, heimlich allgemein bekannt waren, und einige strahlende Diamanten hielten den Gürtel besetzt. Sie war eine Prinzeßin und eine Schäferin, und, was die Hauptsache war, sie war schön. Ihr Schäferstab war dick vergoldet, wie man sich denken kann, und die Bänder um den Hut waren mit Edelsteinen besetzt, wie sich ebenfalls von selbst versteht, weil es eine Schäferprinzeßin war. – Seltsam, daß sich eine am Ufer des Baches weidende Schaafheerde bei ihr einfand, sich um sie her lagerte, als hätte sie ihr schon lange angehört, und der hütende Spitzhund, mit Namen Philax, sich vor ihr auf die Hinterbeine