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der Zeichnungen und über die Lebhaftigkeit der schönen Farben. Er hätte gern gewußt, was die auf den Scheiben vorgestellten Geschichten bedeuten sollten, aber das vermochte er nicht herauszubringen.

Höchst verwundert war er aber, als er auf einem Gemälde sich in seiner ganzen verzerrten Gestalt höchst genau und richtig abgebildet erblickte. Er wußte ja doch, daß binnen zweihundert Jahren kein menschliches Wesen in diese alte Burg gekommen war. Er fand sein Bildniß auf vielen andern Scheiben so vorgestellt, als ob er im obersten Geschoß des großen Thurms sich befinde, in welchem seine Wohnzimmer waren; auf einigen Bildern war es, als ob er in einer Mauer Etwas suche, und auf andern wieder, als habe er in der geöffneten Mauer einen goldenen Korkzieher gefunden. Daneben sahe er auch ein wunderschönes Mädchen mehrmals dargestellt, deßen Gesichtsbildung höchst geistreich war. Es zog seine Augen immer auf dieses schöne Bild hin, welches ihn wundersam bewegte. Er wußte nicht, wie und warum es ihm beim Anschauen deßelben so seltsam ward, und warum er davon nicht los konnte. Genug, er sahe so lang darauf hin, bis die Nacht einbrach.

Er war in sein Zimmer zurückgekehrt und nahm zu Zerstreuung seiner Gedanken das erste beste Buch, was ihm in die Hand fiel. Die Pergamentblätter deßelben waren am Rande mit schönen aber wunderlichen Figuren bemahlt, die Deckel von Gold mit verschlungenen Buchstaben von blauem Schmelz. Er fing in dem Buche an zu blättern, und siehe das Wunder! er findet dieselben Geschichten, in gleicher Größe, Art, Kunst und Farbe darin, die auf den Fensterscheiben standen. Darunter waren Zeilen geschrieben, von welchen er aber mit aller Mühe kein Wort, ja selbst keinen Buchstaben