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Da die Handschrift des Bilderschmuckes, wie er die Pariser und Weingartner Hs. auszeichnet, entbehrt, so schien das Wiedergeben der rothen und blauen Initialen, die ihr ein einfachschœnes Ansehen verleihen, ganz am Platze zu sein, und ich befürchte nicht, daß der Tadel, den ich über die Anwendung von bunten Titelschriften hie und da äußern hœrte, auf diesen Versuch ausgedehnt werde.

Wie bei der Weingartner Hs. (in deren ersten Bogen einige, doch leicht erkennbare Fehler – nicht stehen geblieben, wol aber ohne meine Schuld – hineingerathen sind), so habe ich es auch diesmal nicht an redlichem Bemühen, einen correcten Abdruck herzustellen, fehlen lassen. Zwar der Hochmuth, denselben für völlig fehlerfrei auszugeben, ist mir gänzlich fremd: wol aber glaube ich behaupten zu dürfen, durch dreimalige, nach der Handschrift gelesene, sorgfältige Correctur Alles gethan zu haben, was man mit billigem Rechte von mir verlangen kann.

Der Leser darf noch einige Bemerkungen erwarten über die Heimath unserer Handschrift und über ihr Verhältnis zu der Pariser und Weingartner. Wie diese letztern so ist auch sie im südlichen Schwaben oder noch richtiger im Thurgau geschrieben (s. Lachmann’s Walther von der Vogelweide. 2te Ausgabe 1843. S. VII, unten). Dahin weist die Orthographie, die in allen dreien fast dieselbe ist. Und wenn z. B. Heinrich von Veldeke hier zu einem H. v. Veltkirchen gemacht wird, so darf man wol mit einiger Sicherheit annehmen, der Schreiber der Hs. habe in der Næhe dieses Städtchens gelebt.

An den Ufern des „schwæbischen Meeres,“ im Thurgau, St. Gallen und in jenem traulichen, versteckten Winkel, den der jugendliche Rhein vor seiner Mündung in den Bodensee bildet, waren im 13. Jahrhundert nur wenige Burgen von einiger Bedeutung, die nicht in die Reihen deutscher Sänger ihre Stellvertreter gesandt hätten. Im 1. und 2. Bande seines Liedersaals hat der Freiherr Joseph von Laßberg[WS 1] ein Verzeichnis der ritterlichen Sänger aus jener Gegend gegeben; und wenn auch bei næherer Prüfung dem einen oder dem andern eine entlegenere Heimath angewiesen werden muß, so bleibt die Zahl derjenigen, die wirklich in jenen Gauen gelebt und gesungen haben, immer noch beträchtlich genug, um die Behauptung, es gebe in ganz Deutschland keinen Landesstrich

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Verschiedene: Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart (Band IX). Stuttgart, 1844, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Literarischer_Verein_Stuttgart_IX_074.png&oldid=- (Version vom 11.11.2018)