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zu wünschen wære.[1] Und diejenigen, die aus eigener Erfahrung wissen, wie mühsam und trüglich es ist, sich aus einzelnen Varianten einen Text zusammen lesen zu müßen, die werden es dem Vereine gewiss danken, daß er ihnen durch einen genauen, vollständigen Abdruck die Benutzung dieser wichtigen Quelle erleichtert.

Die Heidelberger Handschrift Nro. 357 enthält 45 Pergamentblätter in Quart. Die ersten vierzig bilden fünf, noch von alter Hand mit rothen Zahlen bezeichnete Lagen von je acht Blättern. Darauf folgt eine Lage von ursprünglich sechs Blättern, von denen aber die drei ersten herausgeschnitten sind, wie es scheint schon früh, denn es fehlt nichts dazwischen. Die letzte Lage, wenn man sie so nennen will, besteht bloß aus zwei Blättern.

Es lassen sich vier verschiedene Hände unterscheiden. Die erste, die allein der Handschrift ihren Werth verleiht und uns daher in der Folge ausschließlich beschäftigen wird, geht von Blatt 1–39b und gehœrt mit ihren schœnen, zierlichen Zügen noch ins 13. Jahrhundert. Bedeutend jünger, aus der Mitte und dem Schlusse des 14. Jahrhunderts, sind die drei übrigen Hände, die auf den sechs letzten Blättern noch 59 Strophen verschiedener Dichter nachgetragen haben. Schriftproben aller dieser vier Hände gibt das Facsimile, das zwar nicht ganz nach Wunsch, aber doch unstreitig besser ausgefallen ist, als das den „Minnesingern“ beigegebene.

Über die innere Einrichtung der Handschrift sei Folgendes bemerkt. Auf jeder Seite stehen durchschnittlich 40–41 Zeilen. Weder die Reimzeilen noch die Strophen sind abgesetzt. Erstere werden oft durch Punkte, letztere durch abwechselnd rothe und blaue Anfangsbuchstaben bezeichnet, die etwas grœßer und mit Verzierungen versehen sind, wenn die Strophe zufällig mit einer neuen Zeile anfängt. Der Beginn eines neuen Tones ist in

  1. So z. B. werden zu Rubin Nr. XXII. (MS. 1, 318a; vergl. 3, 640b) aus unserer Handschrift, die von diesem Tone (S. 115.) die Strophen 1. 4. 5. enthält, keine Lesarten angemerkt, geschweige denn die in der Pariser und Weingartner Hs. mangelhafte zweite Zeile der ersten Strophe „dem lîbe und aber dem herzen niht“ daraus ergänzt. Ähnliches ist bei Gedrut der Fall, vergl. S. 139, Anmerk. 5. – Ferner ist das Lied von Otto von Bottenlauben (MS. 1, 32a) in unserer Hs. (Neune Strophe 29–31} viel alterthümlicher als in der Pariser Hs. und bei v. d. Hagen. – Und so noch manches Andere.
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Verschiedene: Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart (Band IX). Stuttgart, 1844, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Literarischer_Verein_Stuttgart_IX_071.png&oldid=- (Version vom 11.11.2018)