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122.

1. Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, – Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus! – Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt, – So steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.

2. Herr Vater, Frau Mutter, daß Gott euch behüt’! – Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht? – Es giebt so manche Straße, wo nimmer ich marschirt, – Es giebt so manchen Wein, den nimmer ich probirt.

3. Frisch auf drum, frisch auf drum im hellen Sonnenstrahl, – Wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Thal, – Die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all’; – Mein Herz ist wie ’ne Lerche und stimmet ein mit Schall.

4. Und Abends im Städtlein, da kehr’ ich durstig ein: – „Herr Wirth, mein Herr Wirth, eine Kanne blanken Wein! – Ergreife die Fidel, du lust’ger Spielmann du! – Von meinem Schatz das Liedel, das sing’ ich dazu.“

5. Und find’ ich keine Herberg’, so lieg’ ich zur Nacht – Wohl unter blauem Himmel, die Sterne halten Wacht; – Im Winde die Linde, die rauscht mich ein gemach, – Es küsset in der Frühe das Morgenroth mich wach.

6. O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust! – Da wehet Gottes Odem so frisch in der Brust; – Da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt: – Wie bist du doch so schön, o du weite, weite Welt!

E. Geibel.     
123.

1. Der Papst lebt herrlich in der Welt, er lebt von seinem Ablaßgeld, – :,: Er trinkt den allerbesten Wein, ich möchte doch der Papst auch sein. :,:

2. Doch nein, er ist ein armer Wicht, ein holdes Mädchen küßt ihn nicht, – Er schläft in seinem Bett allein; ich möchte doch der Papst nicht sein.

3. Der Sultan lebt in Saus und Braus, er wohnt in einem großen Haus – Voll wunderschöner Mägdelein, ich möchte doch auch Sultan sein.

4. Doch nein, er ist ein armer Mann, er lebt nach seinem Alkoran, – Er trinkt nicht einen Tropfen Wein; ich möchte doch nicht Sultan sein.

5. Getrennt wünscht’ ich mir Beider Glück nicht einen einz’gen Augenblick, – Doch das ging’ ich mit Freuden ein: bald Papst bald Sultan möcht’ ich sein.

6. Drum, Mädchen, gieb mir einen Kuß, denn ich bin jetzt der Sultanus; – Drum, traute Brüder, schenkt mir ein, damit ich auch der Papst kann sein.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Liederbuch des Gau 19 Rostock des Deutschen Radfahrer-Bundes. Adler’s Erben, Rostock 1900, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liederbuch_des_Gau_19_Rostock_des_Deutschen_Radfahrer-Bundes_1900.pdf/76&oldid=- (Version vom 12.12.2020)