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nicht einmal verglichen werden. Bereits im Mittelalter sagte man, die Ukraine fließt von Honig und Milch, und die polnischen Adelsgeschlechter zogen, nach der Vereinigung mit der Ukraine, scharenweise mit dem Schwerte in der Hand dorthin, um sich reiche ukrainische Landgüter mit Gewalt anzueignen. Auch jetzt bildet die Ukraine für ganz Rußland eine wahre Kornkammer; die Produktion der Ukraine an landwirtschaftlichen Erzeugnissen macht nicht weniger als ein Drittel der Gesamtproduktion Rußlands aus. Den eigentlichen Reichtum der Ukraine bilden aber ihre geradezu unerschöpflichen Schätze an Mineralien. Silber, Blei, Quecksilber, Kupfer werden in Rußland überhaupt nur in der Ukraine gefördert. An Mangan liefert Rußland ein Sechstel der gesamten Weltproduktion, wovon 32 % auf die Manganproduktion der Ukraine entfallen. Und was in wirtschaftlicher Beziehung noch mehr in die Wagschale fällt: die Ukraine besitzt überaus reiche Kohlenfelder, Eisen- und Naphthagruben, und zwar auf dem umfangreichen Gebiete zwischen Dnipr- und Donflusse. An Kohlen werden in der Ukraine jährlich über 130 Millionen Meterzentner – beinahe 80 % der Kohlenproduktion Rußlands – gewonnen; die jährliche Eisenproduktion der Ukraine beträgt über 31 Millionen Meterzentner, somit 60 % der gesamten russischen Eisenproduktion. Schließlich besitzt die Ukraine nördlich vom Kaukasus in der Gegend von Kertsch und Theodosia reichliche Naphtha- und Erdwachsfelder, deren Ausbeutung erst in neuester Zeit richtig begonnen hat, ferner zwischen dem Donflusse und der Küste des Schwarzen Meeres ein reichliches Salzgebiet, dessen Produktion beinahe 50 % der russischen Gesamtproduktion an Salz ausmacht.

Die Fruchtbarkeit des Bodens, der Reichtum an verschiedenen Mineralien, die Größe des Gebietes, ferner die hohe Bevölkerungsziffer und nicht zuletzt die unmittelbare Verbindung mit Mitteleuropa verleiht der Ukraine bei der jetzigen Wirtschaftspolitik

Empfohlene Zitierweise:
Eugen Lewicky: Die Ukraine der Lebensnerv Rußlands (= Ernst Jäckh (Hg.): Der Deutsche Krieg, 33). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart u. Berlin 1915, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lewicky_Die_Ukraine_1915.pdf/21&oldid=- (Version vom 24.2.2022)