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der, wie bekannt, die Verständigung beider Mächte mit Frankreich nachfolgte. Für Deutschland hat demnach die Verwirklichung russischer (und englischer) Pläne auf dem Balkan und in Kleinasien die Bedeutung, daß es vom türkischen Orient abgeschnitten und aus Kleinasien überhaupt ausgeschaltet werden könnte, was Deutschland selbstverständlich nicht zulassen darf und höchstwahrscheinlich auch nicht zulassen wird. Deutschland muß im Gegenteil bemüht sein, eine Lösung der osteuropäischen Frage durch den jetzigen Krieg herbeizuführen, die ihm den freien Verkehr mit Asien dauerhaft sichert, ja womöglich noch einen bequemeren Weg dahin schaffen hilft.

Die Verdrängung Rußlands vom Schwarzen Meere und die Wiederherstellung des ukrainischen Zwischenstaates erscheint somit auch für Deutschland als die einzig radikale und vernünftige Lösung der osteuropäischen Frage. Nur durch die Verdrängung Rußlands vom Schwarzen Meere wird dem Zarenreiche die Möglichkeit genommen werden, seine imperialistischen, die Interessen beider Zentralmächte bedrohenden Pläne jemals durchführen zu können. Eine derartige Lösung der osteuropäischen Frage ergibt sich aber zugleich als eine internationale Notwendigkeit für ganz Europa, denn es ist an die Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichtes und Sicherung des europäischen Friedens nicht zu denken, solange Rußland in seiner jetzigen Zusammensetzung wie ein Koloß auf dem internationalen Leben Europas lastet und durch den unmittelbaren Zugang zum Schwarzen Meere, und hiermit auch zum Balkan, auf die Ordnung der Verhältnisse störend einzuwirken imstande ist.

Bei der Erörterung der obigen Frage muß schließlich noch auf ein Moment hingewiesen werden. Die Andrássysche Außenpolitik Österreich-Ungarns hat die Expansionsbestrebung

Empfohlene Zitierweise:
Eugen Lewicky: Die Ukraine der Lebensnerv Rußlands (= Ernst Jäckh (Hg.): Der Deutsche Krieg, 33). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart u. Berlin 1915, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lewicky_Die_Ukraine_1915.pdf/17&oldid=- (Version vom 24.2.2022)