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konnte, nach, und wenn wir mal tot sein werden, werden sich die Herausgeber unsrer gesammelten Werke beim achtzehnten Band sehr wundern … Und einen der schönsten Briefe Mehrings habe ich aufbewahrt, weil er mir immer als ein Typus seiner Gattung erschienen ist. Hier ist er:

„Lieber Kurt!

Die Familie ist sehr betrübt, daß Du Onkels Privatbrief veröffentlicht hast! Wenn Du in den Kreisen nicht so verhärtest wärst, wo Du Dich nun mal wohl fühlst, so müßte es Dir zu denken geben, daß Tante Hannchen vor Schreck Durchfall bekommen hat, als sie das gelesen hat, aber da heißt es immer Humanetät, mit jedem dreckigen Arbeiter habt ihr Mitleid, und die Familie kann sehn, wo sie bleibt! Dein Vater war ja wohl auch ein geistiger Mann und so und hat er nie was in die Zeitung geschrieben und möchten wir wissen von wem Du das eigentlich hast, von unsrer Seite bestimmt nicht, eher von Deiner lieben Mutter, die war auch so ein bißchen – (seinerzeit in Posen mit dem verrückten Redakteur! Aber wir wollen das nicht wieder aufrühren).

Mariechen hat die Masern und Erich ist mit einem Mahnzettel nach Haus gekommen, daß er in Römische Geschichte nicht vorwärts kommt!

Ich hab ihn aber ins Gebet genommen und bist Du ihm ein warnendes Beispiel! etcetera!

Schreib doch mal! Vielleicht fahren Mosers zu Ostern rüber, dann wirst Du ihnen Paris zeigen. Du weißt ja, was wir ihnen wegen Großvati schuldig sind! Also tu das nicht wieder und bleib gesund!

Dein Vetter

Mehring

Zerreiß den Brief gefälligst!“

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_322.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)