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Faschingsball der Kolonne „Wedding-Nord“

In den Festräumen der Gaststätten „Zum strammen Hund“ fand am Sonnabend der im ganzen Stadtviertel berühmte Faschingsball der allgemein beliebten Kolonne „Wedding-Nord“ statt. Schöne Frauen, gut aussehende Männer im Frack, in den Ehrenlogen die Spitzel der Behörden; alles jazzte, steppte und wiegte sich nach den schmetternden Klängen des Handgranaten-Orchesters der Schutzpolizei. Der angeregte Abend endete mit einer gut geglückten Schlägerei, bei der der anwesende Vizepräsident Weiß leicht verletzt wurde, weil er von den eignen Mannschaften erkannt worden war.

Ballkalender
Dienstag: 59. Stiftungsfest Bibliophiler Hebammen.
Mittwoch: Ball der Frauenturnriege des Verbandes Monistischer Uhrmacher (Opposition).
Sonnabend: Tanzkränzchen der Ortsgruppe des Gaues Brandenburg des Reichsbundes Gleichgeschlechtlicher Sachsen.
  Der Ball des Preußischen Richtervereins ist der Einfachheit halber mit dem Ball der „Bösen Buben“ zusammengelegt worden.
Alpenball des Pen-Klubs

Ein entzückender Kostümball vereinte gestern Literatur, Kunst, Wissenschaft und die verwandten Industrien bei Kroll. Man tanzte nach den Kapellen Etté und Rowohlt und sah eine Fülle bezaubernder Kostüme an sich vorbeiziehen:

Walter von Molo als Dichter; Arnolt Bronnen als Original-Fascist mit ziemlich schwarzem Hemd und rituellem Monokel; Gerhart Hauptmann in einer vorzüglichen Maske als alter Gerhart Hauptmann; aus Paris zwei Damen: die Colette und Germaine André, und die Stimmung erreichte

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_297.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)