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beigebracht. Wer aber wird mir das mit dem Sterben beibringen?

Ja, ich habe es gesehn. Ich habe eine Hinrichtung gesehn, und ich habe Kranke sterben sehn – es schien, daß sie sich sehr damit plagten, es zu tun. Wie aber, wenn ich mich nun dabei so dumm anstelle, daß es nichts wird? Es wäre doch immerhin denkbar.

„Keine Sorge, guter Mann. Es wird sich auf Sie herabsenken, das Schwere – Sie haben eine falsche Vorstellung vom Tode. Es wird …“ Spricht da jemand aus Erfahrung? Dies ist die wahrste aller Demokratien, die Demokratie des Todes. Daher die ungeheure Überlegenheit der Priester, die so tun, als seien sie alle schon hundertmal gestorben, als hätten sie ihre Nachrichten von drüben – und nun spielen sie unter den Lebenden Botschafter des Todes.

Vielleicht wird es nicht so schwer sein. Ein Arzt wird mir helfen, zu sterben. Und wenn ich nicht gar zu große Schmerzen habe, werde ich verlegen und bescheiden lächeln: „Bitte, entschuldigen Sie … es ist das erste Mal …“



Der Fliegengott

Zu Pfingsten hat es geschneit. Am Wettersee hat es geschneit. Das kleine Haus liegt ganz allein, und man kann es alles sehen. Schnee!

Die Birken waren furchtbar erschrocken; die vernünftigeren Laubbäume hatten überhaupt noch nicht geflaggt, wie Gerippe steckten sie ihre Arme in die Luft. Ihre Baumseele schlief.

Kalt ist das – hätten auch sollen lieber nach Lugano gehn oder nach … ja. Ich habe heizen lassen: Senta hat die weißen Kachelöfen in Betrieb gesetzt, die bullern, und

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Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_267.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)