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neue Bücher, und das, was er für sich entdeckt hatte, das gab es bereits: es war die Differentialrechnung. Und da starb er. Die Leute sagen: an der Schwindsucht. Aber er ist nicht an der Schwindsucht gestorben.

Am merkwürdigsten ist das in der Einsamkeit. Daß die Leute im Getümmel ihre Standard-Erlebnisse haben, das willst du ja gern glauben. Aber wenn man so allein ist wie du, wenn man so meditiert, so den Tod einkalkuliert, sich so zurückzieht und so versucht, nach vorn zu sehen –: dann, sollte man meinen, wäre man auf Höhen, die noch keines Menschen Fuß je betreten hat. Und immer sind da Spuren, und immer ist einer dagewesen, und immer ist einer noch höher geklettert als du es je gekonnt hast, noch viel höher.

Das darf dich nicht entmutigen. Klettere, steige, steige. Aber es gibt keine Spitze. Und es gibt keinen Neuschnee.



Korrespongdanx

Jeden zweiten Sonntag im Monat wird der Schreibtisch schon frühmorgens aufgeräumt, alles liegt sauber da, die Bücher stehen angetreten, die Zettel sind eingesperrt, alles zu Haus? … das Zimmer wartet. Heute ist Posttag.

Na, was so ist … Vom Inhalt wollen wir hier nichts erzählen, der ist so wie bei jedem Menschen: ein Zehntel Freude, ein Zehntel Beschwerde und dreihundertundachtundsiebzig Zehntel Briefe, die man eben beantworten muß. Gut. Aber welchen merkwürdigen Gesetzen unterliegt das Briefeschreiben?

Es sind zwei Dinge, die mir immer wieder auffallen.

Das eine ist die Klasse der Schreiber, die eine solche Pfote schreiben, daß man ihrs nicht lesen kann. Kurt Hiller hat

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Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_261.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)