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oder dreist – man darf sich das aussuchen – ihre Erwartung, man habe nur bei ihren Grundsätzen anzufangen, mit ihren Voraussetzungen, mit ihren sittlichen Forderungen. Die mögen gut sein, für sie. Für uns andre sind sie es nicht. Hier gibt es keinen Pakt, wenn es an das Soziale geht; fast alles, was die Kirche hier predigt, ist zu bekämpfen.

Wer hat angefangen, die Geschlechtskrankheiten aus ihrem ungeheuer gefährlichen Dunkel herauszureißen, in dem die Gonokokken gar prächtig gedeihn? Das bißchen Aufklärung, das heute getrieben wird, ist gegen den Widerstand der Kirche durchgesetzt worden. Wer hat angefangen, die Proletarierfrauen über Konzeptionsverhütung zu unterrichten? Die Kirche? Sie ist für das Karnickelsystem – von ihr aus zwei Junge pro Jahr; wofür hätten die Frauen denn den Uterus! Und das geht nun alles munter durcheinander: mal will es die Natur so, und mal „ist doch der Mensch kein Tier“, sondern zu höhern Zwecken geboren – alles, wie man es gebrauchen kann.

Kampf? Soweit sich die Kirche in die Politik einmischt: schärfster Kampf. Im übrigen: schweigen und vorübergehn. Es ist auch ganz falsch, hier Milde walten zu lassen, weil man sich davon vielleicht taktische Erfolge verspricht. Die Kirche und ihre politischen Parteien, sie werden nie etwas andres tun als das, was diesem Verein nützt. Zwei Einwände sind abzutun: man dürfe doch die Gefühle der andern nicht verletzen, und man treibe so das Zentrum dem Fascismus in die Arme. Da liegt es schon, trotz allem. Und wenn einige Maulhelden der Hitler-Garden nicht so unsäglich ungebildet und töricht wären: sie hätten schon längst davon abgelassen, das Zentrum durch die Ablehnung Roms, durch einen etwas schüchternen Wotankult und durch Jesuitenriecherei zu ärgern. Hitler gibt es auch billiger. Und das Dingñ

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Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_242.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)