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Leute. Aber innerhalb ihrer Mauern aufgeblasen wie Ballons. Bedauernswert die Opfer, die ihnen in die Finger fallen.

Der Geist dieses Strafvollzugs ist schlecht. Er ist durchsetzt von übeln religiösen Wahnvorstellungen; von Irrtümern über die einfachsten Funktionen der Seele: von sozial maskierten, höchst minderwertigen Begierden. Greift einer ein, so schallt ihm ein Chor entgegen: „Ja, soll man vielleicht den Gefangenen jeden Tag Pudding zu essen geben und sie abends ins Varieté führen?“

Man sollte aber vor allem einmal Menschen aus dem Strafvollzug ausroden, die ihrerseits Verbrecher an Seelen sind, dumpfe Rohlinge, Caligula-Naturen und Pharisäer, die jener Christus gegeißelt hat, dessen Namen sie mißbrauchen. Denn nie empfindet ein normaler Mensch so viel Lust im Bett wie jene an ihrem Schreibtisch. Fluch ihnen.

Zu fordern ist, immer wieder: das Recht für die Rechtsbrecher.



8 Uhr abends – Licht aus!


Ein Gefangener, der drei Jahre Pfleger im Schweinestall der Strafanstalt S. gespielt hat, erklärte mir, daß er mindestens hundert Gefangene im Verkehr mit Tieren beobachtet habe.

Karl Plättner, Eros im Zuchthaus

„Die Arbeit war nicht so schlimm, Herr Direktor. Aber die Nächte – die Nächte –“

Ein Entlassener

Es wäre verfehlt, zu glauben, daß die Veröffentlichungen von Max Hölz und Karl Plättner, von Lampel und andern ganz und gar spurlos an den Strafvollzugsbehörden vorübergegangen

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)