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Warum bot sich dem Rat der Stadt keine passende Gelegenheit, die auserlesene Künstlerschar dressierter Affen schon während der Vorstellung willkommen zu heißen? Kein dummer August hätte solchen Erfolg eingeheimst.

Und nicht, daß die Kommunalpolitiker die Außenpolitiker nachahmen, ist das Schauerliche. Sondern, daß die Terminologie der Außenpolitiker auf dem Niveau von Bureauvorstehern und Sparkassenbeamten steht, und daß man alle vier Beide nicht mehr voneinander unterscheiden kann.

In den „Briefsteller für deutsche Politiker“ aber sollte dieser Brief unbedingt aufgenommen werden. Herr Löbe kann ihn, mit ganz kleinen Änderungen, bei der nächsten Anschluß-Kundgebung noch einmal verlesen. Er paßt immer.



Die Rotstift-Schere

Die Kämpfe, die Heine und Börne gegen die Zensur auszufechten hatten, standen unter dem Zeichen des Rotstifts. Der Zensor strich.

Die Kämpfe, die der Film gegen die Zensur auszufechten hat, stehen unter dem Zeichen der Schere. Der Zensor schneidet.

Eine Pressefreiheit gibt es nicht, so man nämlich fragt: „Frei wovon?“ Eine Buchfreiheit gibt es so einigermaßen. Jedesmal aber, wenn die Technik ein neues Mittel zur Reproduktion von Meinungsäußerungen erfunden hat, fährt den reaktionären Stiefeln ein Schreck ins Gebein. Und jedesmal fallen auch prompt die sogenannten Fortschrittsparteien auf diesen Schreck herein. „Man kann doch aber nicht jeden Film …“ Genau, genau so hat einst die fromme Geistlichkeit gesprochen, als die Buchdruckerkunst aufkam und jedes Buch das Imprimatur des Erzbischofs oder seines Landesherrn tragen mußte; damals druckte man nur mit allerhöchster Erlaubnis. Es hat

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Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_080.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)