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den Saal. Und die Jury verteilte kleine Zettel, auf denen geschrieben stand, wie der heurige Wein beschaffen sei, und es gab auch, mit vielen Fehlern und sehr viel gutem Willen, eine deutsche Übersetzung dazu:

„Diese Schätzung paßt auf den Weinen der sogenannten Gegenden: ‚Beaujolais, Mâconnais, Câhlonnais, Côte d’Or, Yonne‘; sie paßt nicht auf den Weinen von der zweiten Blütenzeit, die von Trauben errühren, die nach dem Gewitter vom 6ten Juni gewachsen sind, welches den Ruits-Rebenberg zum Teil gewüstet hat.“

Sie versteigern noch immer. Faß auf Faß geht hinaus in die Welt – der Lohn für die Arbeit eines Jahres wird einkassiert. „Premier feu!“ ruft der dicke Ausrufer – soviel wie unser „Zum ersten!“ – das kleine Licht erglänzt, erlöscht, erglänzt, es riecht nach Wein und weingetränktem Holz, die Glatzen glänzen, der freundliche, alte Bürgermeister, der so hübsch die Bilder des in Beaune geborenen Impressionisten Ziem erklärt hat, spricht den Käufern ihre Fässer zu, die Schreiber schreiben …

Und wieder einmal ist zu sehen, daß Paris nicht Frankreich ist, und seine Fremdenviertel schon gar nicht. In den sanftblauen Spätherbsthimmel klingelt die Turmuhr, ein braunes Licht liegt über diesem Garten Gottes, und wie schön müßte es sein, mit diesem Lande dauernd in Frieden zu leben –!



In der Geburtsstadt Fragonards
Grasse, im November

„Sie müssen sich unbedingt Cannes ansehen!“ hatte mir Victor Margueritte zum Abschied gesagt. Und Frau Margueritte hatte hinzugefügt: „Das ist das Deauville des Mittelmeers!“

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_026.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)