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denn im wachen Zustande liess man sie nicht zu, um die Seele nicht zu verweichlichen. Das Schlimmste hatte ich mir gleich in der ersten Nacht auf Feldwache geholt. Wir lagen leider nicht im reinen Freien, sondern in einem Stall oder Schuppen, in dem lag ein Bündel Stroh, und auf das legten wir uns in freien Momenten, nicht wissend dass in der Nacht vorher französische Gefangene darauf gelegen hatten, noch nicht wissend auch, dass ein solches Lager jeder erfahrene Soldat vermied. Wir nannten es Bienen; und es war die eigentliche Pest dieses Krieges.

Die Nächte wurden von jetzt an, wie gesagt, meist im Biwak zugebracht. Es gab aber keine Zelte, wie im Manöver, sondern wenn das Ziel erreicht war, wurden die Gewehre zusammengestellt, das Gepäck davor gelegt, der Helm ab und die Feldmütze aufgesetzt, dann von überallher Material zu grossen Feuern gesammelt, natürlich wenn der Feind nicht in der Nähe war. Dann wurden die Feuer angezündet, Wasser geholt und womöglich gekocht. Dann legte man sich, unter dem Schutz der Feldwachen, in die Mäntel gewickelt ums Feuer und schlief so gut es ging. Denn es war nicht leicht, bei der Kälte im Freien zu schlafen, wenn auch von der Feuerseite einige Wärme kam; und allmählich war auch das Feuer ausgebrannt. Ich hatte die herrliche rote Decke meiner Mutter, die es wert war dass ich sie auf dem Tornister mitschleppte. Aber ich erinnere mich gut, wie ich in einer solchen Nacht alle fünf um fünf Minuten einschlief

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Friedrich Leo: Kriegserinnerungen an 1870–71. Göttingen: W. Fr. Kaestner, 1906, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Leo_Kriegserinnerungen_44.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)