Seite:Laster der Unzucht (Oest) 206.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


ihrer vorigen Lebensart und dem Bettelstabe bleibt ihr die Wahl, und diese fällt gewöhnlich auf die erstere. In Dienste nimmt sie niemand, weil sie keinen Beweis ihres Wohlverhaltens, das heißt, kein schriftliches Attestat aufbringen kann. Die Zuchthausstrafe drückt ihr zudem ein unauslöschliches Brandmal auf. Sich durch Arbeit für sich zu ernähren, setzt Geschicklichkeit und eine Menge von Verbindungen mit andern voraus und dies fehlt ihr beides. Sie kehrt also in ihr voriges Elend zurück, aus dem sie nur abermals das Zuchthaus, oder das Spital, oder der Tod erlösen kann. Wie manche wäre noch zu retten gewesen, wenn sie in mitleidige Hände gerathen wäre.*)


*) Ein Beispiel muß ich hier anführen, weil es zugleich einen Beweis abgiebt, wie unschuldig oft junge Mädchen in solche Lagen gerathen können. In einer mir sehr bekannten Stadt ward vor einigen Jahren ein Mädchen ins Zuchthaus gebracht, die erst vierzehn Tage vorher nach der Stadt gekommen war. Sie war aus einer fremden Gegend zu Schiffe hingebracht, um eine Stelle bei einer Putzmacherin anzutreten. Weil sie aber später eingetroffen war, als sie vorher bestimmt hatte, so war die Stelle schon besetzt. Sie hielt sich einige Zeit in der Stadt in einem geringen Wirthshause auf, in der Hoffnung, es mögte sich eine Stelle für sie angeben. Ihr weniges Geld ging
Empfohlene Zitierweise:
Johann Friedrich Oest: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Laster der Unzucht verwahren könne. Wien 1787, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Laster_der_Unzucht_(Oest)_206.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)